4.5 Retter und Retterinnen

Diese Aufgabe erzählt von einer Person, die sich entschied, entgegen der nationalsozialistischen Propaganda zu handeln. Die Übungen sollen dazu beitragen, Ihr Verständnis für Empathie und die Wichtigkeit, Entscheidungen zu treffen und danach zu handeln, zu entwickeln - notwendige Eigenschaften für den Schutz und die Wahrung demokratischer Werte und der Menschenrechte. Es soll Ihnen bewusst werden, inwiefern historische Entscheidungen und Handlungen auch für die Gegenwart relevant sind. 

Was ist zu tun?

Lesen Sie den Informationstext und machen Sie die folgenden Aufgaben. 

Es gab Menschen, die unter dem NS-Regime Gefahren auf sich nahmen und durch ihr Handeln ihr eigenes Leben riskierten, um andere zu retten. Nach 1945 wurden sie oft als "Held/innen" und "Retter/innen" bezeichnet. Hier können Sie die Geschichte über einen von diesen Menschen erfahren: 

Das Kindermädchen, das zur Heldin wurde

Erzsebet Fajo.

Erzsebet "Erzsi" Fajo stammte aus der Stadt Békéscsaba im Südosten Ungarns. Mit 13 Jahren verließ sie die Schule, begann als Kindermädchen zu arbeiten und zog bei der jüdischen Familie Laszlo Abonyi, die zwei Kinder hatte, ein. 1941 zog sie mit der Familie nach Budapest, da diese aufgrund der antijüdischen Gesetze zum Verkauf ihrer Apotheke gezwungen war. 

Als die Deutsche Wehrmacht im März 1944 Ungarn besetzte, entschied die Familie, dass es für Erzsi sicherer sei, wenn sie nicht mehr mit ihnen zusammenlebte. 

Erzsi zog zwar aus, besuchte aber weiterhin regelmäßig die Familie, um sie - so gut sie konnte - zu unterstützen und zu ermutigen. Erzsi brachte die Familienerbstücke zu einer Verwandten der Familie, die mit einem christlichen Ungar verheiratet war, und sorgte so dafür, dass die Nationalsozialisten diese Wertsachen nicht beschlagnahmten.

Die Situation der jüdischen Bevölkerung in Budapest verschlechterte sich zusehends. Es dauerte nicht lange, bis sie einen gelben Davidstern auf ihren Kleidern gut sichtbar tragen mussten. Erzsi beschloss, die Familie Laszlo Abonyi beim Verlassen des Hauses stets zu begleiten und kümmerte sich um alle Einkäufe, obwohl dies ein großes Risko für sie darstellte.

Als Gerüchte in Umlauf kamen, dass die Jüdinnen und Juden der Stadt deportiert werden sollten, zog Erzsi wieder bei der Familie ein. Sie sorgte für gefälschte Ausweispapiere und schmuggelte die Familie aus ihrem Haus und an den deutschen und ungarischen Wachen vorbei.

Bis Kriegsende sorgte Erzsi dafür, dass die Familie stets an einen sicheren Ort gebracht wurde, damit diese der Verhaftung entgehen konnte. 

Nach dem Krieg adoptierte die Familie Erzsi. Lesen Sie, was die Tochter der Familie, Zsuzsanna Ozsváth (Abonyi), später darüber berichtete:

"Aus dem Wunsch heraus, uns zu retten, trotzte Erzsi dem NS-Regime. Sie hat uns vor dem Tod gerettet. Sie hat meinen Bruder und mich davor bewahrt, Waisen zu werden, und unsere Eltern davor, das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann, zu erleiden - den Verlust seiner Kinder. Es war ihre Stärke und ihr Heldentum, die uns leben ließen und es uns ermöglichten, erwachsen zu werden und schließlich unsere eigenen Kinder zu haben."

Zsuzsanna Ozsváth (Abonyi)

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Diskutieren sie die Fragen

1. Der Großteil der nicht-jüdischen  Bevölkerung blieb aus verschiedenen Gründen widerstandslos gegenüber der Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden, obwohl die Gewalttaten vielfach bekannt waren.  Was hat Erzsi Ihrer Meinung nach dazu veranlasst, sich so zu verhalten, wie sie es tat, und welche Eigenschaften braucht es, um "gegen den Strom zu schwimmen"? Wie kann man sich eine derartige Haltung aneignen?

2. Warum verhielt sich ein Großteil der nicht-jüdischen Bevölkerung nicht wie Erzsi, sondern blieb gegenüber den Gräueltaten des Holocaust widerstandslos? Versuchen Sie mindestens fünf Erklärungen, dafür zu finden.

3. Was ist heute nötig, um Menschen zu motivieren, Bedürftigen zu helfen?

4. Nennen Sie ZeitgenossInnen, die anderen helfen, obwohl sie in ihrem Tun keine Unterstützung finden. 

5. Denken Sie an Menschen in Not in Ihrer eigenen Umgebung. Welche Maßnahmen könnten Sie ergreifen, um ihnen zu helfen?

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